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Münzprägende Städte in Kilikien
Flaviopolis
Flaviopolis ist eine Stadt im Nordosten der Kilikia Pedias, im Ebenen Kilikien, und wird aufgrund von Inschriftenfunden und Gebäuderesten bei Kadirli oder dem heutigen Kozan vermutet. Im Rahmen der Neuordnung der Provinz Cilicia durch den Kaiser Vespasian wurde Flaviopolis 73/74 n. Chr. gegründet und erhielt ihren Namen nach der kaiserlichen Dynastie der Flavier. Die Gründung der Stadt sollte den ausdehnenden römischen Einfluss auf diese Region zeigen. Im Jahr 260 n. Chr. wurde die Stadt vom Sassaniden-König Shapur I. erobert. Im weiteren Verlauf der Zeit folgten mehrere Unterwerfungen der Stadt. Im 9. Jahrhundert fiel Flaviopolis in den Herrschaftsbereich der Abbasiden.
Die städtische Münzprägung setzte unter Vespasians Sohn Domitian (81-96 n. Chr.) ein; gleich zu Beginn wurde besonders viel geprägt. Die Münzen aus Flaviopolis zeigen auf der Vorderseite stets das Bild des römischen Kaisers oder der Kaiserin und thematisieren auf der Rückseite als lokal relevante Themen fast ausschließlich Motive der griechischen Götterwelt. Das Typenrepertoire ist überschaubar, betont den landwirtschaftlichen Charakter der Region und wird mit Münzen der Düsseldorfer Sammlung gut repräsentiert.
Immer wieder wurde die auf dem Felsen sitzende Stadttyche als Stadtpersonifikation mit Ähren abgebildet (Ls4252.32.60). Darunter befindet sich der schwimmende Flussgott Pyramos. Mit diesem Motiv wurde der regionale Einfluss deutlich gezeigt. Auch die Dioskuren (die Köpfe oder ganzfigurig nebeneinander stehend) finden sich in den knapp 200 Jahren wiederholt (Ls4252.32.61).
Abb. 1: Bronzemünze aus der Zeit des Domitian mit dem Büste des Kronos auf der Rs., er trägt einen Teil des Mantels über seinem Kopf gezogen; vor ihm sein Attribut, eine Sense (griech. harpa), mit der er seinen Vater Uranos kastrierte und damit eine neue Zeit, das "Goldene Zeitalter", einleitete (= RPC II Nr. 1760, © Münzen und Medaillen GmbH, Auktion 48, 2019-05-24, Nr. 1304)
Interessant ist, dass auf den Münzen von Flaviopolis regelmäßig auch der Titan Kronos (die griechische Entsprechung des Saturn) abgebildet wurde (Abb. 1), der sonst eher selten auf Münzen erscheint. In Kilikien waren die Titanen recht präsent und galten als mythische Ahnherren und (Städte)Gründer. Mit Bezug auf Kronos konnte man sich eine lange Vergangenheit konstruieren. Sein Charakter als Titan wie auch als Fruchtbarkeits- und Erntegott gehen bereits auf hethitische Wurzeln zurück und zeugen somit von einer langen Tradition in der jungen Stadt Flaviopolis. [DM]
Weiterführende Literatur
Der Neue Pauly IV (1998) Sp. 544 s. v. Flaviopolis (M. H. Sayar)
M. H. Sayar, Fruchtbarkeitsgottheiten, in: K. Ehling – D. Pohl – M. H. Sayar, Kulturbegegnung in einem Brückenland. Gottheiten und Kulte als Indikatoren von Akkulturationsprozessen im Ebenen Kilikien, hrsg. v. M. Meyer und R. Ziegler, Asia Minor Studien 53 (Bonn 2004) S. 192 f. (zu Kronos)
K. Ehling, Titanen in Kilikien, in: K. Ehling – D. Pohl – M. H. Sayar, Kulturbegegnung in einem Brückenland. Gottheiten und Kulte als Indikatoren von Akkulturationsprozessen im Ebenen Kilikien, hrsg. v. M. Meyer und R. Ziegler, Asia Minor Studien 53 (Bonn 2004) S. 157-161