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Münzprägende Städte in Kilikien
Anazarbos
Im Jahre 67 v. Chr. siedelte der römische Feldherr Pompeius in der Region Kilikien besiegte Seeräuber an, um sie in gewisser Weise zu "resozialisieren"; einige von ihnen wurden zu Klientelkönigen von Teilen dieser Region. Die Stadt Anazarbos fiel in das Herrschaftsgebiet des ehemaligen Piraten Tarkondimotos I., sie lag im Hinterland Kilikiens, im Osten der Region.
Nach dem Ende der Dynastie der Tarkondimotiden fiel Anazarbos unter römische Herrschaft und wurde zunächst an die Provinz Syria angeschlossen. Im Jahre 72 n. Chr. entstand die Provinz Cilicia unter dem Kaiser Vespasian, der Anazarbos darin eingliederte. Bis ins 3. Jahrhundert n. Chr. hinein stand die Stadt bei Bürgerkriegen auf der Gewinnerseite, im 2. Jahrhundert n. Chr. war das die Seite des Septimius Severus, der römischer Kaiser wurde. Dieser verlieh Anazarbos im Jahre 204 n. Chr. den Ehrentitel Metropolis, auch als Entschädigung dafür, dass des Öfteren römische Soldaten dort einquartiert wurden.
Außerdem wurden Anazarbos andere Ehren zuteil: Beispielsweise wurden der Stadt eine Zeit lang die Erlaubnis für Provinzspiele erteilt, was sich vielfach in der Münzprägung spiegelt (Abb. 1); auch zwei Düsseldorfer Münzen unter Valerian (Inv. Ls4252.32.58 und Ls2004008406) nehmen Bezug auf die städtischen Spiele. So gewann die Stadt nach und nach immer mehr an Bedeutung und es entwickelte sich eine Rivalität mit Tarsos, der eigentlichen Hauptstadt der Provinz Cilicia. Ratssitzungen fanden abwechselnd in Tarsos und Anazarbos statt.
Abb. 1: Bronzemünze aus Anazarbos aus der Zeit des Valerian (253/254 n. Chr.). Auf der Rs. sind sechs Preiskronen/Preisurnen zu sehen, die die Sieger der Wettkämpfe überreicht bekamen und die als Synonym für die verschiedenen städtischen Spiele stehen. Die Buchstaben A M K unten im Abschnitt stehen für A ("erste"), megiste ("größte") und kalliste ("schönste") – Titel, die die herausragende Stellung der Stadt betonen. (© Dr. Busso Peus Nachf., Auktion 384, 2005-11-02, Nr. 881, Foto: Lübke & Wiedemann)
260 n. Chr. wurde die Stadt vom persischen Sasaniden-Großkönig Shapur I. erobert und verlor danach immer mehr an Bedeutung. Im 4./5. Jahrhundert wurde die Provinz in Cilicia Prima und Cilicia Secunda unterteilt. Somit wurde die Rivalität zwischen Tarsos und Anazarbos beendet, da diese nun in zwei verschiedenen Provinzen angehörten. Nachdem die Stadt durch schwere Erdbeben im 6. Jahrhundert n. Chr. mehrmals zerstört und wiederaufgebaut worden war, wurde sie im 7./8. Jahrhundert n. Chr. von den Arabern erobert. [LMS]
Weiterführende Literatur
M. Gough, Anazarbus, Anatolian Studies 2, 1952, S. 85-150
R. Posamentir, Anazarbos in Late Antiquity, in: O. Dally – Ch. Ratté (Hrsg.), Archaeology and the Cities of Asia Minor in Late Antiquity, Kelsey Museum Publication 6 (Ann Arbor 2011) S. 205-224
R. Ziegler, Kaiser, Heer und städtisches Geld. Untersuchungen zur Münzprägung von Anazarbos und anderer ostkilikischer Städte, Tituli Asiae Minoris Ergh. 16 = Denkschriften der Österreichischen Akademie der Wissenschaften, phil.-hist. Klasse 234 (Wien 1993)